Im Rahmen der Analyse von Planungs- und Ausführungsmängeln ergab sich folgende Aufgabenstellung:

1. Sachverhalt

Ein zwei Jahre altes Gemeindegebäude ist in Holzständerbauweise mit Wärmedämmebene im Wandquerschnitt erstellt. Die Fassade ist als hinterlüftete Holzfassade ausgeführt. Eine große Fensterfront ist außenliegend angeordnet, aus architektonischen Gründen oberflächenbündig zur Fassade.

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hinterlüftete Holzfassade mit außenliegender Fensterfront
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Während einer Thermographie im Gebäude fällt u.a. der Anschluss der Fensterfront an die angrenzenden Wandbereiche auf. Die anschließende Prüfung der Detailplanung durch den SV ergibt, dass die Planung mangelhaft erfolgt ist. Im Anschluss Fensterrahmen / Holzständerwand gibt es einen Versprung der Dämmebene, mit der Folge, dass an dieser Stelle der Schimmel- und Tauwasserschutz gemäß DIN 4108-2 nicht erfüllt ist.

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Detail Fenstersturz nach Detailplanung: Temperaturfaktor fRsi = 0,65 (Anforderung nach DIN 4108-2: fRsi ≥ 0,7)
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Bei näherer Prüfung der Fensteranschlüsse vor Ort stellt der SV fest, dass die Ausführung von der Planung abweicht. Die Ausführung ist, hinsichtlich Schimmel- und Tauwasserschutz, noch schlechter als die Planung.

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fenstersturz_ausführung_ir
Detail Fenstersturz gemäß Ausführung: Temperaturfaktor fRsi = 0,53 (Anforderung nach DIN 4108-2: fRsi ≥ 0,7)
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Der SV soll prüfen, wie ein mangelfreier Anschluss hergestellt werden kann. Er soll weiterhin die Sanierung planen und überwachen.

2. Sanierungsplanung

Die Wärmedämmebene muss im konkreten Fall die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 (07/2003) erfüllen. Im Bereich der Wärmebrücken im Anschluss Glasfassade / Außenwand muss die Wärmedämmung so verbessert werden, dass sich am kältesten Punkt ein Temperaturfaktor von fRsi ≥ 0,7 einstellt.

Grundsätzlich sind folgende Maßnahmen möglich:

  • Versatz der Glasfassade von der Außenkante der Außenwand in die Mitte des Au- ßenwandquerschnittes
  • Herstellung einer Innendämmung
  • Herstellung einer Außendämmung

Aus konstruktiven und architektonischen Gründen wird vom Auftraggeber eine Außendämmung favorisiert. Erschwert wird diese Maßnahme im konkreten Fall durch die hinterlüftete Holzfassade, welche die Platzverhältnisse zum Einbau einer Außendämmung deutlich einschränkt.

Die Sanierungslösung verfolgt den Anspruch, die hinterlüftete Fassade in Dimensionierung, Optik und Funktion möglichst zu erhalten. Der für eine Außendämmung verfügbare freie Querschnitt zwischen Innenkante der Fassadenbekleidung und Außenkante der äußeren OSB-Platte mit Unterdeckbahn beträgt nur ca. 30 mm. Wenn nach Einbau der Außendämmung die Hinterlüftung weiterhin funktionstüchtig bleiben soll, kann daher nur ein Dämmstoff mit einer Dicke von max. 20 mm eingebaut werden. Damit dieser eine ausreichende Wirkung entfaltet, muss dessen Dämmwirkung entsprechend hoch sein.

Mit Berechnungen ermittelt der SV einen Dämmstoff, mit welchem die Wärmebrücken an der Glasfassade beseitigt werden können, ohne dass an der Optik und Funktion der hinterlüfteten Fassade wesentliche Änderungen notwendig sind. Geeignet sind Vakuumisolationspaneele („VIP“). Diese bestehen aus einem gepressten, hochporösen Pulvermaterial („Aerogel“), welches in dauerhaft luftdichten Folien unter Vakuum eingeschweißt ist. VIPs werden in Platten vorkonfektioniert hergestellt. Ein solches VIP mit einer Dicke von 1 cm hat etwa die gleiche Dämmwirkung wie eine Platte aus Schaumdämmstoff WLG 040 mit einer Dicke von 8 cm.

Das VIP bewirkt, dass alle Isothermen im Anschlussbereich der Glasfassade nach wandern. Die Berechnung nach DIN EN ISO 10211 führt zu einer Innenoberflächentemperatur an der kältesten Stelle von 12,9°C. Daraus ergibt sich ein Temperaturfaktor von fRsi = 0,72. Die Anforderungen an den Schimmel- und Tauwasserschutz wären mit dieser Konstruktion erfüllt.

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fenstersturz_vip_ir
Detail Fenstersturz nach Sanierungsplanung: Temperaturfaktor fRsi = 0,72 (Anforderung nach DIN 4108-2: fRsi ≥ 0,7)
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3. Sanierung

Die Sanierung erfolgt mit maßgefertigten VIPs, Querschnitt 15 x 2 cm. Die Montage erfolgt mit nicht nachquellendem PU-Schaumkleber.

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während der Sanierung: VIPs umlaufend um Fensteranschluss montiert
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aufgeklebtes VIP im Detail
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wiederhergestellte Fassade im Detail
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nach der Sanierung: Fassade optisch unverändert
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H. Pfeifer, Dipl.-Wirtsch.-Ing. / Bau
SV für Schäden an Gebäuden / Bauphysik

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